AUTO-DILEMMA

 

 

 

Aufgrund seiner körperlichen Nähe röten ihre Wangen und sie wendet den Blick ab, um ihre Aufregung zu verbergen, beginnt ein Routine-Verkaufsgespräch abzuspulen, jedoch mit persönlichen Zwischenfragen gespickt. Sein Kind steht neben ihm. Er erzählt etwas vom Bogenbauen und Bogenschießen, wie gut sein Sohn abschneidet dabei, während sie dem noch Kleinen, mit den kinnlangen, blonden Haaren Tee gibt, damit er seinen Vater nicht gleich wieder in Besitz nimmt.

 

Diese wenigen Augenblicke sind erfüllender, als 12 Jahre Ehe und 10 Jahre Beziehung zusammen. "Ist das jetzt der, wo man dann weiß, wieso alles vorher endlich war?", fragt ihre romantische, verträumte Seele, die immer noch an Happy End glaubt. "Kennt ihr euch?", beginnt das Kind zu fragen. "Noch nicht."

 

spricht er schnell. Die kurzen Dialoge gleichen einem Ping-Pong-Spiel und reißen sie aus ihrer Gesprächsroutine mit den anderen Kunden. Sie möchte ihn umarmen und für sich haben. "So muss es sich anfühlen, wenn Armor seine Liebespfeile abschießt!", ist sich Lilly sicher.

 

 

"Möchtest du zu Gosch heute Abend?", fragt er. "In List? Ja, gerne. Da war ich bisher noch nicht.", freut sie sich über seine Initiative und natürlich über Gosch in List - wer ist man schon, wenn man dort noch nicht war. Es ist eins der vielen, vielen Dinge, die sie im Eiltempo für sich erobern möchte. Doch dann fällt ihm ein, dass es doch nicht so günstig ist, weil die Verwandtschaft des Sohnes zu Besuch kommt und das scheinbar ein Hindernis darstellt.

 

 

"Ok, versteh ich, da wollt ihr unter euch sein?", gibt sie sich verständnisvoll und fragt sich insgeheim, ob er ein Psycho ist, weil er nicht denkt, bevor er spricht. Seine Auftritte starten immer phänomenal, verflüchtigen sich aber, wie leckere Marzipan-Schokolade, die man angebrochen im Küchenkasten liegen lässt. Die ist auch schneller weg als der Wind. "Was will er von mir?", fragt sie sich und überlegt, ob sie sonst Gelegenheit hat, an die Nordspitze der Insel zu kommen.

 

 

Ihren Flitzer hat sie bei Ankunft auf der Insel an einen Polen verkauft, der daraufhin von der Werkstatt, wo er den Wagen durchchecken lassen wollte, mit dem angemeldeten Fahrzeug inklusive der österreichischen Kennzeichen nicht mehr zurückgekommen ist. Bisher wartet sie darauf, dass er zur Besinnung kommt und sich meldet, da sie die "Taferl" schon längst zur Abmeldung zurückschicken müsste.

 

 

Sie verabschieden sich, da ihm momentan keine weitere Irreführung auf den Lippen liegt. "Solange er Spaß hat dabei, finde ich das auch amüsant." , sie schmunzelt über seine jugendliche Leichtigkeit, die ihm scheinbar noch niemand abgewöhnt hat und ihm selbst sicher am meisten Streiche spielt.

 

 

"Irgendetwas stimmt nicht mit dem.... soviel Energie im Kopf.", spaßt sie mit ihrer Kollegin. "Oder einfach schon lange allein auf der Insel.". "Und mit Viagra voll für den Fall der Fälle und dann nicht zum Schuss gekommen.", nervt der Kollege. "So alt ist er aber noch nicht.", verteidigt ihn Lilly.