NEUE PERSPEKTIVEN

 

 

 

Zum zweiten Mal kommt es vor, dass Lilly aus Gründen der saisonbedingten Arbeitsplatzsituation zur Agentur für Arbeit muss oder will und sich für Ersatzleistungen anmeldet. Dies passt ihr gerade gut zur fortschreitenden Virus-Verbreitung, der sie möglichst aus dem Weg gehen will. Sie kann sich auch mal sehr gut zu Hause beschäftigen, wird die Zeit zur Neuorientierung nutzen. Sie guckt auf die große, runde Uhr an der Front des historischen Bahnhofsgebäude und merkt, dass sie gut in der Zeit liegt. 

 

 

Ein Austretender öffnet die Tür, sie huscht ins Gebäude, die paar Treppen rauf und in den Gang mit dem hellgrauen Teppich am Boden, der die Lautstärke der Schritte dämpft. Sie wird automatisch langsamer und guckt durch die offene Tür, ihres bekannten Büroraumes. Die Dame drinnen zeigt mit ihren Fingern auf die Tür am Ende des Foyers. Man hört schon die fröhliche Stimme ihrer Betreuerin, die ihr gerade eine Nachricht schickt, dass sie auch später kommen kann.

 

 

"Das ist aber nett.", freut sich Lilly und tritt nach einem überraschten Blickkontakt mit Frau Z. ins Zimmer. Die Damen hinter den hellbraunen Türen sind immer guter Laune und nett. An ihren Computern erfassen sie Daten, machen nie Stress, weil sie das nicht müssen - wer nicht zu den Terminen kommt, dem wird automatisch nach dem dritten Mal die Leistung gestrichen. Anders könnte man wohl kaum eine ganze Nation dauerhaft im Arbeitsprozess halten.

 

 

Dass es diese Entgeltleistung überhaupt gibt, ist eine grandiose Errungenschaft der zivilisierten Sicherheitsgesellschaft - es soll schließlich keinem schlecht gehen in Veränderungs-Situationen. Die engagierten Damen und Herren finden garantiert etwas Passendes. Neuerdings gibt es im Wartezimmer Nummern zum Abziehen, dann geht die Tür auf und man wird ...gerufen. 

 

 

Für Frau Z. ist Lilly Journalistin. Und bleibt es auch, egal, in welch gastronomischen Untiefen sie sich herumtreibt. Frau Z. glaubt an Lilly. Ihr Lachen ist ansteckend. Deswegen ist Lilly sehr stolz, dass sie ihr eines ihrer zwei Sylt-Veröffentlichungen über den Schreibtisch schieben kann. Dieses Mal begrüßen sie sich nur verbal. Auf allen Tischen stehen Desinfektions-Sprays und -Tücher. Jeder hält seine Hände an sich.

 

 

Als Lilly die Lehne des Stuhles angreifen muss, um ihn zurecht zu rücken, hat sie schon Paranoia wegen Virusinfektions-Gefahr. Sie überlegt, ob da vorher wer gesessen ist, sieht schon kleine, pinke Viren in dem blauen Stoff. Zu ihren Publikationen bekommt sie brauchbare Tipps zur Vermarktung über hoch frequentierte Stellen auf der Insel. Ansonsten gibt es auch wieder umfangreiche Stellenangebote - eines besser als das andere.

 

 

Frau Z. hat die Gabe, andere mit ihrer Lebensfreude anzustecken, lacht herzlich und schreibt Team-Work sehr groß. Zur Unterstützung holt sie eine Kollegin dazu. Und es wird noch richtig lustig in dem hellen Raum. Sie zeigt Lilly Woman@work und Superheldin.io. und im Handumdrehen gibt es wieder unglaublich viel zu tun.