hart, aber schmerzlich

 

.trifft es Lilly, als sie sich den Bildschirm des I-Mac gerade richten will und dabei den Stecker zieht, der sehr knapp gespannt war. "Biidlim.". Sie sitzt mit der Office-Prinzessin vor dem Gerät und sieht zu, wie das Online-Tor zur Welt auf einen Millimeterstreifen zusammensinkt und dann völlig verschwindet.

"Tja.". Das war es wohl mit dem ersten Versuch, die anspruchsvollen Aufgaben genau und gewissenhaft über die Bühne zu bringen, so dass danach weiter gearbeitet werden kann. Schlimmer kann es nicht kommen... also sie hat sich nicht bei einer Zahl oder einem Ausdruck vertippt, sondern noch vor Beginn beendet. Nun muss sich der ´Apfel´ erst wieder hochfahren und das dauert.

Ihr fällt der Moment ein, wo zu Beginn ihrer Gastronomietage darauf hingewiesen wurde, dass man zerbrochene Gläser lieber verschwinden lässt, bevor der Chef aus der Pause zurückkommt, weil man scheinbar Leute versucht in Schuss zu halten, indem man ihnen Angst einredet vor den ´bösen Chefs´, auf die sie ihre eigene Autorität ausgelagert haben.

Nun stolperte sie damals mit dem ganzen Spülgitter über eine vorstehende Kartonseite und schepperte sämtliche - gleich 20 - Gläser auf den Fliesenboden. Wie es ihren Knien dabei ging, fragte nur einer: der sympathische Koch aus Togo, der direkt neben ihr stand und sah, dass sie das Gitter nicht losgelassen hat.

Also war dann gleich mal Schluss mit Angstmache, denn es geschah nichts weiter als Glassplitter beseitigen und eventuell hätte man dies auch vom Gehalt abziehen können (waren ja höchstens 10,- € zB). Später hat sie aber festgestellt, dass manche es brauchen, dass es einen sogenannten ´autoritären´ Chef gibt.

Bei Lilly war das aber eher umgekehrt: der Filialleiter hatte gut zu tun, den Laden auf die Kapazitäten und Möglichkeiten umzubauen, die Abläufe zu optimieren. Nun sitzt Lilly vor dem Bildschirm und wartet. Verständlich, dass ihre ´Einweiserin´ ein zusätzliches Maß an Geduld aufbringen muss, wenn sie jemanden an ihrer Seite hat, die gerade mit hyperneuen Kollegen, Abläufen und Produkten am Beschnuppern ist.

Genauso geht es den ganzen Tag weiter: zum Glück haben Frauen (die die Mehrheit des neuen Teams ausmachen) ein bisschen 7. Sinn zur Verfügung und eine Pralinenmischung wird nochmal zurückgeholt, weil die noch gar nicht fertig gefüllt war und eine Reihe fehlte. Ebenso diese und jene Kleinigkeiten, die unter den Tisch fallen oder noch nicht geläufig sind in der ersten Fettnäpfchenwoche.

Als Lilly zuhause ankommt, freut sie sich nach vielen Stunden endlich ihren Sohn wieder zu sehen. "Und wie weit bist du gekommen? Hast du alles erledigen können?". Für den Weg zur Versicherung war dem Jugendlichen der Ferientag einfach zu schade. "Warst du wenigstens beim Zahnkontrolltermin gestern?". "Ja, sicher, aber um 14:10 Uhr ist da keiner mehr.". "Wieso 14:10? Du meinst 14.10., um 8:50 Uhr.". Er guckt genauer auf den Zettel am Kühlschrank und... dieses Mal geht der Punkt klar an Lilly.