inselgäste ahoi!

Der Miramar-Chef mit fülliger, weißer Karajan-Mähne fährt seinen neuen schwarzen Superlativ-Bentley aus und fällt wie immer auf, was ja der Sinn der Sache ist. Sie steht in einem Autovermietungsladen direkt am Bahnhof. Die anreisenden Inselgäste legen in diesem Jahr bis zu 450,- € und mehr pro Nacht für die Zimmer aus und nehmen auch Hotelhopping in Kauf, was heißt, mehrmals das Hotel zu wechseln, um für die Woche oder Wochen zusammengestückelt ein Dach über dem Kopf und ein gemütliches Bett zu haben.

Keiner fliegt weg, also ab an die deutschen Küsten und hier ist es wieder einmal stoßweise voll, so richtig voll. "Was es noch alles gibt?", wundert sich Lilly über die großen, rosa Papierführerscheine, die immer wieder mal auftauchen. Doch dann: Ein doppelt so großes, graues Ungetüm, für den der Inhaber eine extra Dokumententasche mitträgt, weil er in eine normale Börse nicht passen würde.

Dieses Relikt aus früheren Zeiten scheint schon museumsreif zu sein. "Ist der aus Kaiserzeiten?", witzelt sie herum und der Kunde hat genau darauf gewartet. Es folgt: eine Geschichte über die deutsche, alte Fahrerlaubnis, bevor er ihn wieder - nochmal extra in Folie verpackt - in seinem Lederbeutel verschwinden lässt. "Vielleicht will er damit zu ´Bares für Rares´ ?". Was auch vorkommt: Eine hat den Personalausweis nicht mit, sondern zeigt die Bankkarte her als Legitimierung. Da kann man sich nur wundern.

"Der ist doch in Scheckkartenformat, Madame - würde ihnen keinen Platz wegnehmen.". Sie bietet an zum Hotel zurückzugehen, aber der kulante Geschäftsführer lässt es so sein, wie es ist. Es läuft das Geschäft mit den Mietwagen, denn jeder will mobil sein und nicht auf Bus angewiesen sein oder den Wettergott für die Mietradtour.

Lilly plaudert kurz mit der Besucherin: "Wo geht es denn hin heute?". Diese will an den Ellenbogen im obersten Norden, wo Schwimmen wegen der gefährlichen Strömungen verboten ist und letztes Jahr ein Hai gesichtet wurde und natürlich die 3 (von ehemals 6) Sylter Wanderdünen bewundern, die sich ebenfalls dort befinden.

"Unsere Micro-Sahara? So etwas gibt es nur hier auf Sylt. Sie werden fasziniert sein.". Auf der geografischen Höhe von Dänemark beginnt die ursprüngliche Wildnis, wo man sich wunderbar in einer Mischung aus afrikanischer Sandwüste und einer schmalen, löchrigen Autostraße mittendurch wie im amerikanischen Death Valley als Hintergrundkulisse fotografieren kann.

Niemand würde glauben, dass man sich auf Sylt befindet. Diese bis zu 30 Meter hohen Wanderdünen, auch die größte in Deutschland, werden genauestens in ihren Bewegungen vermessen und erforscht. Durch die Verlagerung der Sanddünen kam es in früheren Zeiten vor, dass sowohl im Norden als auch im Süden Acker- und Weideflächen, aber auch Häuser unter den Sandmassen begraben wurden. Deshalb wird Strandhafer mit Wurzeln bis zu 12 Meter, gepflanzt in dieser 1796 Hektar großen, 1923 zum Naturschutzgebiet ernannten Dünenlandschaft.