es ist sommer...

 

... die Möwen krähen, schreien und jammern seit vier Uhr früh. Sie kündigen den Sonnenaufgang an und haben dabei sehr viel zu schnattern und meckern. Einer von denen beginnt und schön langsam wachen alle auf und geben ihren lauten Senf dazu. Es ist wie bei den Waltons nur umgekehrt, nicht "Gut Nacht, John-Boy!", sondern "Guten Morgen, ihr Vogelgeschwister!". Den Raptoren der Nordseeluft ist es egal, ob die Menschen in ihren kleinen, gemauerten Legenestern mit kleinen Fenstern zur Welt noch ihre Träume festhalten wollen.

So geschehen bei Lillys Tochter Benita. Diese ist zu Besuch auf Sylt und schläft noch tief und fest in den Morgenstunden, wo Lilly schon wach die ersten Pläne schmiedet und das Geschrei der Möwen und die Sommer- und Meeresluft durch die weit geöffneten Balkontüren, die einem das Gefühl geben, man läge im Freien direkt unter dem Himmel, genießt.

Es sind die Momente, wo man das Meer rauschen hören kann, weil die anderen Geräusche noch minimal oder gar nicht vorhanden sind. Die Tochter dreht sich um, die Möwen verstummen für einen Moment, doch legen gleich darauf wieder los.

So geht das etwa 1,5 Stunden dahin. Lilly hat den größten Spaß dabei, als Benita endgültig aufwacht und mit offenen Augen ins freie starrt, wahrscheinlich mit nicht so guten Gedanken zum andauernden Möwenkonzert. Doch, wie es die Urzeittiere wollen, nun ist Ruhe. "Jetzt kannst du ja wieder weiterschlafen.", lacht Lilly. Die Welt erwacht ebenfalls.

Aus irgendeinem Grund steht Lilly nun am Parkplatz vor der Schokoladenfabrik und aus irgendeinem anderen dubiosen Grund hat sie 5 Minuten später eine Delle im silbernen Blech vor dem Fahrer-Reifen. Die Festländer springen beide aus dem VW-Transporter und kommen auf sie zu. Als Lilly das erregte Gesicht der Fahrerin sieht, ahnt sie nichts Gutes, weil diese natürlich zu schnell und ohne zu schauen zurückgesetzt hat und dies jetzt nicht wahrhaben will.

Aber, als der Mann als deren Beifahrer auch noch meint, er will ihre Fahrzeugpapiere sehen, dann die Fahrerin zugibt sie selbst hat ihre gar nicht mit, weil dann die Börse zu dick wäre, schüttelt Lilly nur den Kopf und lässt das Glas des Fensters hochfahren bis sich diese Leute beruhigt haben und zuerst mal selbst untereinander absprechen, bevor sie noch mehr Unsinn von sich geben. Sie fährt links ran um nicht die Ausfahrt zu blockieren und ist ein wenig sauer, weil sie kommenden Donnerstag den Wagen verkaufen wollte - sogar um einen sehr guten Preis für das beste, aber ältere Stück.

Sie wartet kurz und guckt zur rechten Seite, wo ihre Tochter sitzt. "Gib mir mal den Unfallbericht aus dem Handschuhfach. Ich mein, stell dir mal vor, wir melden, dass sie ohne Führerschein fährt, dann steigt ihr deren Versicherung aus.". Benita wundert sich: "Ja, Oida und wie sie sich dann noch aufregen.". Lilly ist froh, dass nicht mehr passiert ist. Der Schaden bringt ihr, dank korrektem Sachverständigem, fast 1000 Euro und das Blech wird ganz nebenbei mal geradegebogen.