schokoladen-himmel

 

Nach einem Ausflug aufs Festland ist Lilly froh, den letzten Autozug zurück auf die Insel erreicht zu haben und freut sich mit ein paar Snacks vom Bistro an der Verladestelle über die Aussicht von der oberen Plattform am Waggon. Es rattert, klappert und wackelt, 11 Kilometer lang, doch macht auch immer wieder Spaß. "Wir haben es echt schön - warm und mit Musik. Früher mussten die hier rüber paddeln."
"Na da sind wir aber froh, dass jetzt nicht früher ist.", meldet sich der Junge. Das Wattenmeer liegt ruhig im Dunkel und Lilly überlegt, wie es hier gewesen ist, damals vor ziemlich genau hundert Jahren, als es hier noch keine Bahn und keinen Damm gab. "Einer bleibt jedenfalls auf Dauer berühmt: der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg, der nur einmal auf Sylt war -zur Einweihung.", schmunzelt sie.
"Was könnten wir den Mädels noch ins Paket packen?", überlegt Lilly, als sie vor ihrem Kofferraum mit drei offenen Kartons drinnen steht und die Kleberolle und Schere schon in der Hand hält. Mit einem dicken, roten Edding beschriftet sie die Oberseite der Päckchen. "Schokolade.", hört sie ihren Sohn - sicher nicht ganz uneigennützig - antworten, der vorne am Beifahrerplatz sitzt und wartet. Sie klappt energisch den Kofferraum-Deckel zu und fährt los, als sie beim Nahversorger angekommen ist, parkt sie ein, wieder aus und fährt nach Tinnum zu einem Schokoladen-Paradies. "Wenn schon, denn schon. Oder?"
Sie will sich auch etwas gönnen und schlendert durch den temperierten Raum, bleibt vor der Glasscheibe stehen, die eine Wand ersetzt, den Blick auf die Produktion freigibt. Da der Junge beschäftigt ist mit der Wahl der richtigen Leckerei, hat sie ein wenig Zeit, dem Mischen, Rühren und Portionieren zuzusehen.
Hier will man nicht naschen, sondern genießen. Durch die ideenreichen Verpackungen lässt sich handgemachte Schokolade zu jedem Anlass gut verschenken. Sie wählt gleich mal drei hübsche "Sylt"-Zusammenstellungen aus, legt für ihren Sohn diese Schokoladenformen und vegane Gummibärchen in das Körbchen und nimmt sich selbst eine verlockende Pralinenpackung in einem roten Metall-Herz, die alle zusammen in eine hübsche, rote Türe verpackt werden, welche die Zahl am Kassenbon erträglicher macht.
Noch im Auto gönnt sich Lilly aufgrund gieriger Ungeduld ein Stück aus ihrem Herz. Die Schokoladen-Praline zerschmilzt auf der Zunge und regt den Gaumen zum langsamen Genießen an. "Ich muss das gleich wegpacken.". Sie steigt schnell aus, öffnet den Kofferraum, legt in jedes Paket eine Köstlichkeit, verschließt diese gleich mit dem Klebeband.
Das blau-weiße Schild von ihrem üblichen Paketversand ist verschwunden, die Tankstelle abgesperrt und eingerüstet. "Hier wird der gesamte Komplex umgebaut.", erklärt ihr ein Passant. Die Versandstelle liegt nun in einem Laden, der schon um 19 Uhr schließt. Lilly macht sich auf den Weg zur anderen Stelle und hofft auf Öffnungszeiten bis 21 Uhr, wie sie es von der Tankstelle her kennt.