CORONA-MOOD

 

 

Leere, saubere, helle Straßen, glasklarer Himmel, die Luft von der Mittagssonne angewärmt, der Sand am Strand nur vom Wind berührt, das Meer ruhig und sanft... Corona-Stimmung. "Hat was. Aber mir ist es mit Menschen lieber.". Lilly findet die Stimmung zwar bezaubernd geheimnisvoll und beruhigt, aber auch ein wenig gespenstisch, wie ein Bild vom Mars oder Mond. "Was wäre diese Erde ohne uns Menschen?"

 

 

Sie stellt fest, dass die Menschheit derartig damit beschäftigt ist, ihre Spezies nicht nur zu erhalten und die Lebensbedingungen beständig zu verbessern, sondern auch damit, die Erde zu bewirtschaften, zu hegen und zu pflegen, und zu erforschen. "Was für ein fantastisches Dasein wir entwickelt haben durch ständiges Streben nach Verbesserungen. Müsste man jetzt auf einem neuen Planeten nochmal von vorne beginnen, wäre das eine Herausforderung, zwar nicht über Jahrtausende, weil wir ja die technischen Errungenschaften schon erfunden und entwickelt haben, aber sicher schon noch mal ein Stück."

 

 

Sie genießt nicht nur die Natur, so wie sie derzeit vor ihr liegt, sondern auch die Verbindungen über Internet - ohne diese hervorragende Erfindung und natürlich auch das Gesichtsbuch, würde sie aus der Haut fahren. Man kann schon mal den Einsamkeits-Koller bekommen, wenn niemand zuhause ist zum Plaudern und Planen. Kommunikation, Gedankenaustausch, Informationen weitergeben oder bekommen und einfach Witze schnacken ist ihr schon sehr wichtig. 

 

"Muss am Sternzeichen liegen.", bestätigt sie sich ihre geistigen und verbalen hyperaktiven Tätigkeiten. "Wenn man Wissen und News trinken könnte, wäre ich jeden Tag am Limit.". Sie überlegt, was ihr Sohn für Astro-Zeichen ist und der Schütze will aktiv sein und am liebsten reisen und erobern. Sie guckt ins Jugend-Zimmer und trifft niemand an. "Ist wohl auf Entdecker-Tour.", freut sie sich und ist aber auch besorgt, wo und vor allem mit wem, er im Corona-Mood, herumspaziert.

 

 

Immer wieder liest sie, man muss die Jugendlichen zähmen und zuhause behalten, was ja nicht so ganz stimmt, denn spazieren, joggen oder einkaufen, oder sein anstehender Arztbesuch dürfen sein, doch wird es schwierig draußen zu kontrollieren, ob genügend Abstand eingehalten wird. Natürlich wünschen es sich alle, dass die Vernunft siegt, doch gerade in der jugendlichen Rebellion, wo jeder Tag Gegenteil-Tag ist, sie nur darauf warten, dass man seine Sorgen zeigt, und dann sofort darauf anspringen - nur leider verkehrt herum - ist es so gut wie unmöglich, einen pubertierenden Dickkopf zu bändigen. Sportlichere Typen haben es sicher leichter - rein in die Sneaker und schauen, wie weit man in 50 Minuten Laufzeit kommt.

 

 

Sie beobachtet ihr Fahrzeug, dass sie ausnahmsweise in diesem Ausnahmezustand direkt vorm Eingangstor geparkt hat. "Tee trinken und ruhig bleiben.", sagt sich Lilly vor immer wieder, in der Hoffnung, dass ihrem Kind und allen anderen eine Infektion mit schwerem Verlauf erspart bleiben.