SYLT VERSUS SÜDAMERIKA

 

 

 

Viren versuchen nicht zum ersten Mal, die Menschheit niederzuraffen, weiß Lilly aus dem Biologie-Unterricht, aber sollte sie das inzwischen vergessen haben, wird sie mit allen Dokumentationen und Reportagen, die in den Archiven der großen Sender auffindbar sind, daran erinnert, wie elend Krankheiten das Volk plagen können. Die Grippe streift uns jedes Jahr.

 

 

Da gabs die Schweinegrippe, davor hatten wir den Rinderwahnsinn, dann plagte uns der HIV-Virus. Bis in die 70er Jahre wüteten tödliche Pocken, rafften 500 Millionen Menschen dahin. Die letzten beiden - man weiß aber nicht sicher, ob nicht ein anderes Land auch einen hat - Viren sind sicher verwahrt in USA und Russland. Terroranschlag mit Pocken-Viren? Jederzeit möglich.

 

 

Davor gab es Spanische Grippe, die Soldaten auf Schiffen und in Lagern niederstreckte, Cholera, Pest und was es zuvor noch alles gab. Trotz aller Ernsthaftigkeit fällt ihr wieder die Szene mit Madame Mim und dem Zauberer ein, wo er sie im Duell mit einem Virus besiegt.

 

 

"Bim-Bim.". Der blaue Kreis für eine Messenger-Mitteilung bewegt sich über den Handy-Bildschirm, auf dem gerade ein "Welt"-Bericht über das eine Auto auf dem Autozug nach Sylt, einen Taxifahrer, der in 12 Stunden drei Fahrgäste hat, eine Dame ein Paket Klopapier zu ihrer Tochter aufs Festland schickt, weil es da keines mehr zu kaufen gibt, läuft.

 

 

"Man sagt Insulanern nach, sie haben einen eigenen Blick auf die Dinge.", meint der Sprecher in der Doku und Hr. Gosch versichert, er hat Rücklagen gebildet, hofft, dass anderen Betriebe auch durchhalten. Lilly will die Reportage über Sylt nicht unterbrechen, guckt die Nachricht auf dem dritten Smartphone, weil sie auf dem zweiten gerade ihre Diamanten für ein Fashion-Online-Spiel einsammelt, eine weibliche Figur, die sehr in-shape ist und Make-up genauso wechseln kann wie Frisuren, einkleidet, um dies wieder abzuschicken und - na, wer weiß es? - wieder Diamanten zu sammeln. "Soweit zum Real-Life-Shopping und Style-Entzug.". Sie wünscht sich eine dritte und vierte Hand, um nicht das Tippen am Notebook unterbrechen zu müssen.

 

 

Ihre Schwester, die nach Südamerika ausgewandert ist und nicht ständig, wie wir Verwöhnten, über WLAN verfügt, sendet 30 Fotos und 3 Videos von ihrem aktuellen Aufenthaltsort, die kleine und größere Affen in Käfigen, sprechende Aras, freilaufende Pfaue und riesige Schildkröten bei strahlendem Sonnenhimmel, der durch Mega-Palmenblätter sichtbar ist, zeigen.

 

 

"Und wo ist dein Käfig?, scherzt Lilly rasch, da gerade die Verbindung über 9000 Kilometer garantiert scheint, schwenkt sofort weg von einer Wiederholung BK Merkels "Nicht irgendwelche Empfehlungen, sondern Regeln zum Wohle des Staates"-Rede um zu ihrer Sista, obwohl ihr schon die Augen zufallen, weil es 1 Uhr Früh ist. "Heute hatten wir 34 Grad.", schreibt diese. Es muss jetzt etwa 19.30 Uhr da sein. "Wir nicht.", gibt Lilly neidisch zu, aber schickt auch hübsche Fotos vom Frühlingstag auf Sylt.