surfcup & weltmeister

 

Weder den Multivan Windsurf-World-Cup noch Weltmeister wird es diesen Herbst geben. Lilly hält die Erinnerungen an dieses großartige Sportevent ganz fest im Geist und stellt sich vor, wie nächstes Jahr wieder alles ganz normal abläuft - mit Superstars der Surfkunst, den sportlichen Abenteurern, die Wind und Wellen bezwingen, ihre Sprünge und Höchstgeschwindigkeiten und Ausdauer und Kraft vorführen und die Zuschauer begeistern.

Die weltbesten Surfer, die wirklich jede windige Ecke der Ozeane dieses Erdenballes kennen und von verschiedenen Kontinenten anreisen, keinen reißerischen Wellengang fürchten, denen es Spaß macht, sich mit anderen Surfmeistern zu messen, finden sich dieses Jahr nicht in Westerland ein. Sie schwingen sich nicht auf die wilden Wellen der Nordsee und es gibt kaum einen Sylter, der das Spektakel als Höhepunkt der Sommersaison nicht vermisst.

Lilly steht vorm leeren Geisterstrand und weder sie noch die wunderbaren Wellen freuen sich über diesen abartigen Zustand. Auch die frechen Möwen haben sich irgendwo versteckt, weil es kein Schaufliegen und im Sonnenuntergang über den bunten Segeln der Meeres-Wettkampf-Geschosse posen gibt und keiner am Surfstrand ist, dem man die Fischbrötchen aus der Hand klauen kann, um dieses mit Saurier-Gelächter an seine Sippe zu verteilen.

Und wo die Weltmeisterrangliste fehlt, gibt es auch keine Sport-Fans, keine Medienvertreter und deshalb weniger Übernachtungswillige und Hungrige, die sich am frischen Fischangebot, ergänzt mit verlockender Pizzenvielfalt und Getränken bei Live-Konzerten im heimeligen Party- und Gourmetzelt, dass groß wie eine der Flughallen am Hangar ist, direkt an der befestigten Promenade am Surferstrand laben und feiern.

Keine Siegerehrung, keine Nachmittage, die im Zuschauerbereich des traumhaften Sandstrandes verbracht werden, bis Gesicht und Haare eingesandet sind und das Salz der windigen Nordseeluft die Sehkraft der Augen trübt. "Nur nicht mit Augenreiben anfangen.", erinnert sie sich selbst, weil sich erfahrungsgemäß die winzigen, aber rauen Sandkörner dazufügen.

Das Leben hat leider die eigenartige Wendung genommen, dass es nur Dinge aufzuzählen gibt, die gerade nicht vorhanden sind, aber zumindest dazu führt, zu erkennen, wie sehr und wie viele Menschen und Institutionen zuvor vernetzt waren, damit etwas geboten werden konnte, für die zahlreichen Fans.

"Was machen wir?", fragt sie ihren 15jährigen, der natürlich die Lösung parat hat: "Ab nach Hause, mir ist kalt.". Sie begutachtet ihn genauer. "Du hast oben die rote Daunenjacke an ...und unten nichts?", fällt ihr jetzt erst auf. "Wieso nichts?". Sie bückt sich ein wenig und geht dem Lichtschein der Straßenlampe aus dem Weg. "Da ist eine dunkelblaue Bermuda und ein paar Bubenwaden mit... Haaren.". Sie lacht und will schelmisch am sprießenden Erwachsenwerden zupfen, was er mit einem flinken Sprung zur Seite geschickt verhindert. Er lacht zuletzt.