So "Atemlos durch die Nacht", wie sie tatsächlich damals im Juni 2014 in ihrem Auto mit offenen Fenstern und Regen ohne Ende
verrückt mit ihrem Sohn die ersten Autofahrten unternommen hat, ist es nun nicht mehr. So oft manche über diese Ausnahme-Musikerin lachen, alle feiern und singen mit, wenn spät nachts ihre
Hits aus den Lautsprechern die Rhythmen der Körper durchdringen.
Diesmal haben sie sich auf einen gemeinsamen Nenner in den Boxen geeinigt und hören den schnellsten Rapper dieser Welt und
einen seiner Superhits, der ihnen beiden gefällt. So schnell, wie er singt, so bald sind Lilly und ihr heranwachsender Sohn auf der Straße von Westerland nach Rantum, vorbei an großartiger
Aussicht auf das Wattenmeer und Vogelschutzgebiet, dass von linker Seite sehr nahe an die Straße heran kommt in Rantum angekommen.
Sie haben eine Allee aus heckenrosenbewachsenen Sandhügeln hinter sich gelassen. Diese Rosenbüsche mit pinkfarbenen Blüten
wachsen bis zu eineinhalb Meter hoch, verströmen ab Juni einen betörenden Duft, sind aber über und über mit winzigen Stacheln übersät. Man müsste schon im Juli die Hagebuttenfrüchte abzupfen,
bevor diese von den Vögeln gefressen werden und mit der Ausscheidung für wilde Verbreitung der Sylt-Rose sorgen.
Lilly hat sich fest vorgenommen, nach zweieinhalb Jahren in der Gastronomie und tausenden Fragen zu "Classic - blau?",
"Medium - grün?" oder "Still - rot?", dem Unternehmen zu erklären, dass es ihr geschätzte 30 Minuten Arbeitszeit pro Tag sparen würde, wenn auf den Flaschen des Sylter Wassers auf den ersten
Blick zu erkennen wäre, welche Qualität die jeweilige Flüssigkeit hat.
Nach einem kleinen Abstecher in das neue moderne Café mit herrlichem Ausblick auf das ruhige Meer, die verlockenden
Tortenstücke und die vielen rustikalen Säcke mit Kaffeebohnen im hinteren Teil des Raumes für die hauseigene Rösterei, kommen sie beim außergewöhnlichen Gebäude der Sylter Quelle an.
"Geschlossen.". Durchs Glas kann Lilly die Abfüllanlage sehen, die über eine viereinhalb Kilometer lange Pipeline, aus einer
Wasserblase in 657 Metern Tiefe Wasser fördert, dass auf einige tausend Jahre geschätzt wird. Beim Schlendern über den romantischen, geschwungenen Steg zum Meer könnte es durchaus sein, einem
der vielen Künstler zu begegnen, die im Meerkabarett ihre Kunst darbieten oder hier über die Stiftung kunst:raum mit einem Stipendium Schreiber-Aufenthalte gefördert bekommen.
Am nächsten Tag zeigt ihr ein Kollege aus dem Office, beim täglichen Nachfüllen des Wechselgeldes, dass in der Flasche, wenn
man sie in Augenhöhe hält und leicht nach hinten neigt, durch das Wasser an der Innenseite des rückseitigen Etiketts die jeweilige Beschaffenheit des Wassers angeschrieben ist. "Hättest du
mir auch mal früher zeigen können.", wundert sie sich und staunt über die Tatsache, dass die Antwort auf so viele Fragen, auch vor Jahren schon immer da war. "Aber wer guckt denn so in eine
Wasserflasche?"