der himmel über der insel

 

...wiegt sich fast windstill in einem sanften hellblau. Es gibt kein Wölkchen weit und breit, aber auch nicht das intensive sommerblau, wenn man nach oben guckt, was man ja immer wieder mal tun soll, laut einigen Tipps oder Zitaten, die einem so durch den aufregenden Alltag begleiten. "Richte den Blick immer nach oben.", "Lass nie den Kopf hängen.", Geh so, als balancierst du ein Buch am Kopf.", "Lass die Schultern nicht hängen.", aber auch "Versteck den Kopf nicht zwischen den Schultern.", "Brust raus, Bauch rein.", uvm.

Und das mag schon seine Richtigkeit haben, denn die Haltung macht Stimmung. Lilly hat schon richtig Sehnsucht nach einem neuen Stil. Gelegentlich, nicht zu oft, aber regelmäßig, räumt sie die Kleidungstücke aus dem Schrank und gibt dem Leben Gelegenheit sich neu zu zeigen. Die ungetragenen Teile (ja, auch das gibt es) werden zu den Mädchen verschickt, alles andere kommt in die Kleiderspende, weil es hier leider keinen Vintage-Laden gibt.

Wenn sie täglich an der 3-seitigen Auslage des sportlichen TH-Stores und weiter vorne am Hugo Boss-Store, wo die Schnittkanten der Businesskostüme schärfer sind, als die Klingen des Küchenmessers, dann an den vielen kleinen Sylter Boutiquen, die verspieltere, aber deswegen auch nicht günstigere 1000 Varianten eines Sommerkleides anbieten, dann wird ihr klar, irgendwann muss man sich positionieren.

"Muss man?", sie überlegt, ob sie weiterhin zwischen Arbeitskleidung, Strandlook und sexy Ausgehstyle switchen will und so immer sehr zu tun hat mit Umkleiden je nach Anlass oder ob sich dazwischen ein All-In-One-Style finden lässt, wo sie mit Jeans, Designerbluse und Lederschuhe auch gleich mit dem Bikini drunter zum Strand kann, bzw. dann auch schon richtig angezogen ist, um sexy genug für die Abendgestaltung zu sein.

Männer setzen auf Logos - das ist klar. Jeans sind nicht nur Jeans, je nach Label wird klargemacht, wie man sich positioniert und die Tasche ist nicht nur eine Tasche - wenn man schon Dinge herumschleppen muss beruflich, dann gleich mit Aussage und je nach Image der Firma sollte dies zusammenpassen mit dem Lifestyle. Also in Hamburg ohne LV-Tasche ist kein Mensch mehr, sowie am Handgelenk das richtige Uhrwerk baumeln muss, auch, wenn dies inzwischen auf Digital umschwenkt, wird immer noch ein Statement damit abgegeben.

Bei Ankunft auf der Insel konnte Lilly alle diese Spielregeln zurücklassen und täglich in die schicke, weiße Arbeitsbluse schlüpfen. Sie bleibt vor dem modernen Hellner-Gebäude stehen und bewundert, wie edel und fein die ständig wechselnde Mode präsentiert wird, schlendert weiter um die Ecke des HB. Jensen-Gebäudes, einem traditionellen Modehaus auf der Insel. "Da machen sich die Textil- und Fashion-Industrie, Designer, Werbeagenturen und Verkäufer mit ihrer Auslagengestaltung, so viel Mühe und dann mach ich nicht mehr mit? Oder doch?"