Wirklich im Vorteil sind die Mitarbeiter und Kollegen, die gleich im selben Haus oder eine Tür weiter ihre Personalwohnungen haben. Hier konnte sich dann eine Spülerin oder Abräumerin in ein paar Monaten Aufenthalt direkt am Strand unter blauem Himmel und viel Möwengeschrei mit Aussicht auf eine Grünanlage und schicke Läden tatsächlich viel ersparen von ihrem Gehalt, denn für Verpflegung ist auch gesorgt - All Inklusive sozusagen.
Es gibt für Kollegen, die nur in den Ferien, also 2 Monate im Sommer, hier anwesend sind, Wohnungen im Keller, die sich nur mit einem Fenster ohne Ausblick belüften lassen. Als Lilly zu Arbeit kommt, ist der kleine Mann aus Nepal, gerade dabei den Tresen liebevoll und üppig zu gestalten, während er sehr amüsiert von einer ehemaligen Sommerkraft erzählt.
Sie bleibt kurz stehen, um mitzuhören: "Was hat er gemacht? Wui peinlich.", kreischt Lilly, als sie erfuhr, dass hier ein junger Mann in seiner Wohnung nach der Dusche nachts Durst bekam und die glorreiche Idee hatte, über die Kellertreppe hinauf in den Gästeraum zu den Bierzapfsäulen zu gehen und sich mit einem kühlen Blonden selbst zu bedienen. Nach ein paar kräftigen Schlucken, soll er von seinem Feierabendbier abgetrunken und nochmal aufgefüllt haben und wieder durch das Lokal über die Treppe hinunter verschwunden sein.
"Ist ja witzig.", freut sie sich auch über den lustigen Student, dessen eigener Kühlschrank scheinbar leer war und er für einen abendlichen Einkauf keine Gelegenheit mehr hatte, weil der Dienstschluss weit nach den Schließzeiten der Nahversorger liegt. "Dabei war er nackt unterwegs.", fügt der Erzähler hinzu. Extra lautes Gelächter bricht aus. "Whaaat? Und woher willst du das wissen?", kontert Lilly. "Weil er gefilmt wurde.", er zeigt auf die zahlreichen Big-Brother-Kameras, die weit über die Decke im Raum angebracht wurden, um die Tüchtigkeit des Personals und die Ehrlichkeit der Gäste zu kontrollieren - eine genau überm Bierhahn. Sie läuft durchaus gut unterhalten flink hoch zur Garderobe, kleidet sich unter einer Minute für die Arbeit ein und kommt mit weißer Bluse und kurzer, meeresblauer Krawatte wieder runter.
"Uhhh. Und dann? Wer guckt denn diese Videos?", ist sie neugierig geworden. "Ja im Büro wird mitverfolgt, was läuft!", ruft der Koch durch die Schwingtür, während er damit beschäftigt ist die leckeren Tagesgerichte vorzubereiten. "HAAHA! Oh nee, der Ärmste.", bricht Lilly in schallendes Gelächter aus, als sie sich das Bild für Götter leibhaftig vorstellt. "Nie würd ich da ohne Kleidung durchlaufen, schon gar nicht zum Bier klauen."
Den ganzen Tag hat sie immer wieder innerlich gut zu lachen, wenn sie den Zapfhahn betätigt. "Schon mal wegen der von der Straße einsehbaren Glasfront nicht, aber dann noch Unterhaltungswert für die Bürobesatzung abzuliefern - das ist schon Over the Top." Leider lässt sich nicht herausfinden, wie der Junge hieß oder ob er wieder kommt. Im Sommer. Auf ein kühles Bierchen.